Steuerliche Anzeigepflichten sind gesetzliche Verpflichtungen von Steuerpflichtigen, bestimmte steuerlich relevante Vorgänge und Sachverhalte unaufgefordert der Finanzbehörde mitzuteilen. Diese Pflichten dienen der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und vollständigen Besteuerung. Die wichtigsten steuerlichen Anzeigepflichten umfassen:
Allgemeine Anzeigepflichten
§ 138 AO (Abgabenordnung):
- Beteiligung an ausländischen Gesellschaften: Steuerpflichtige müssen der Finanzbehörde anzeigen, wenn sie an einer ausländischen Gesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt sind oder wenn die Anschaffungskosten der Beteiligung mehr als 150.000 Euro betragen.
- Erwerb von inländischem Grundbesitz durch Ausländer: Bei Erwerb von inländischem Grundbesitz durch Ausländer besteht eine Anzeigepflicht.
- Gründung und Erwerb von Betrieben im Ausland: Steuerpflichtige müssen die Gründung oder den Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland anzeigen.
§ 138a AO:
- Anzeige bei Veräußerungen und Übertragungen von Vermögen: Steuerpflichtige müssen Vermögensübertragungen und bestimmte Veränderungen in der Vermögensstruktur anzeigen, insbesondere wenn sie in einem anderen Staat ansässig sind und dies auf ihre Steuerpflicht in Deutschland Auswirkungen hat.
§ 139 AO:
- Eröffnung und Schließung von Betrieben und Betriebsstätten: Die Eröffnung und Schließung von Betrieben, Betriebsstätten sowie Zweigniederlassungen sind der Finanzbehörde anzuzeigen.
Besondere Anzeigepflichten im internationalen Steuerrecht
§ 2 AStG (Außensteuergesetz):
- Verrechnungspreisdokumentation: Unternehmen mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten müssen eine Verrechnungspreisdokumentation erstellen und aufbewahren, die auf Verlangen der Finanzbehörde vorzulegen ist.
DAC6 (EU-Richtlinie 2018/822):
- Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: Intermediäre (wie z.B. Steuerberater) und unter bestimmten Umständen auch Steuerpflichtige müssen grenzüberschreitende Steuergestaltungen anzeigen, die bestimmte Kennzeichen (sog. Hallmarks) erfüllen.
Spezifische Anzeigepflichten
§ 19 EStG (Einkommensteuergesetz):
- Lohnsteuerliche Anzeigepflichten: Arbeitgeber sind verpflichtet, Lohnsteueranmeldungen vorzunehmen und Änderungen in den lohnsteuerlichen Verhältnissen ihrer Arbeitnehmer anzuzeigen.
§ 23 EStG:
- Private Veräußerungsgeschäfte: Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (z.B. Immobilienverkäufe) müssen dem Finanzamt angezeigt werden, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist realisiert werden.
§ 22 UStG (Umsatzsteuergesetz):
- Umsatzsteuerliche Anzeigepflichten: Unternehmer müssen Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben und bestimmte umsatzsteuerlich relevante Sachverhalte anzeigen, wie z.B. die Option zur Steuerpflicht bei Vermietungsumsätzen.
Sanktionen bei Verletzung der Anzeigepflichten
- Zwangsgelder: Zur Durchsetzung der Anzeigepflichten können Zwangsgelder verhängt werden (§ 328 AO).
- Verspätungszuschläge: Bei verspäteter Anzeige können Verspätungszuschläge erhoben werden (§ 152 AO).
- Steuerstrafen und Bußgelder: Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflichten drohen strafrechtliche Konsequenzen wie Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder Bußgelder wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO).
Die Einhaltung der steuerlichen Anzeigepflichten ist von zentraler Bedeutung für eine korrekte und vollständige Besteuerung und trägt zur Vermeidung von Steuerstrafen und zusätzlichen finanziellen Belastungen bei.